Doratea sitzt im Verein und bemalt mit viel Geduld und Präzision eine Fahrradklingel. Wir stellen sie unseren Kursteilnehmern zur Verfügung, um sich die Zeit zu vertreiben, wenn sie einmal warten müssen, und verkaufen sie dann zum Selbstkostenpreis. Wie es kommt, dass Doratea jetzt in Lübeck mit Hingabe aus einer Klingel eine Sonnenblume zaubert, wollen wir hier erzählen.
Geboren und aufgewachsen ist Doratea in Laç in Nordalbanien, 10 Kilometer von der Adriaküste entfernt. An der Universität Tirana studierte sie Psychologie und schloss ihr Studium mit einem Master in Beratungspsychologie ab. Sie entschloss sich, ihrer Schwester nach Deutschland zu folgen, die mit ihrer Familie in Lübeck eine neue Heimat gefunden hatte. Sie kam gut vorbereitet: noch in Albanien lernte sie Deutsch. Ein Arbeitsvertrag bei einer Firma in Neustadt verschaffte ihr eine befristete Aufenthaltsgenehmigung und so stieg sie eines Tages in ein Flugzeug und kam nach Lübeck zu einer Bekannten, bei der sie vorerst auch wohnte. Das war im August 2019. Seitdem arbeitete sie beharrlich an ihrem Ziel, mit einem erfüllenden Beruf endgültig in Deutschland heimisch zu werden.
Einer der ersten Schritte war die Anerkennung ihres Masterstudiums durch die deutschen Behörden, was immer eine Weile dauert. Mit ihrem nun auch in Deutschland gültigen Master in Psychologie und einer Fortbildung über den Umgang mit Kindern mit Autismus konnte Doratea sich auf eine Arbeitsstelle als Erzieherin in einer Kita bewerben, da sie als „vergleichbare Qualifikationen“ angesehen wurden. Seit Oktober 2021 arbeitet sie in einer Lübecker Kita 30 Stunden die Woche im Schichtdienst. Zusätzlich verdient sie sich noch in einem Nebenjob durch eine paar Stunden Büroarbeit ein wenig Geld dazu, um die teuren Lebenshaltungskosten bestreiten zu können.
Wie sie daneben noch Zeit zum Malen im Verein findet? Er ist ihr wichtig, da sie über ihn ihre ersten Kontakte außerhalb der Familie gefunden hat. Besonders gern nimmt sie an den Ausflügen teil, um Menschen kennenzulernen und mit Lübeck, seiner Geschichte und seiner Umgebung vertraut zu werden. Die Zeit, die ihr noch bleibt, verbringt sie mit Lesen und Schwimmen und natürlich mit ihrem Freund und ihrer Familie. Besonders freut sie sich im Moment auf ihre Eltern, die sie wegen Corona seit drei Jahren nicht gesehen hat und die sie bald besuchen werden.