Über das ganze Corona-Jahr haben sich unsere Sprachbegleiter*innen die größte Mühe gegeben, den Deutsch-Unterricht unter den erschwerten Bedingungen aufrecht zu erhalten. Der Verein musste, kurz bevor das Corona-Virus ausbrach, aus den Räumen am Kolberger Platz ausziehen und hatte damit seinen wichtigsten Treffpunkt verloren. Sprachkurse konnten sowieso nur noch in mühsam gefundenen Ausweichräumen stattfinden, doch dann schickte die Pandemie auch noch alle in die Lockdown-Isolation – Lernende wie Lehrende. Durch die Kontaktsperren fehlte – und fehlt bis heute – auch fast jede Möglichkeit zur normalen Konversation im alltäglichen Leben. Um so wichtiger ist der Kontakt zu den Sprachbegleiter*innen des Vereins, denn die VHS oder andere Institutionen haben ihre Präsenzveranstaltungen meist abgesagt. Die Integration der Neuankömmlinge beruht jedoch zwingend auf deren Möglichkeit, Deutsch-Prüfungen abzulegen und sich mit ihren Zertifikaten zum Beispiel auf Lehrstellen bewerben.
Unsere Sprachhelfer*innen tun ihr Bestes, um wenigstens einige der Härten abzumildern. Aber dabei tauchen neue Probleme auf: Kommunikation war und ist nur über die sozialen Medien möglich, also schriftlich. Sich klar und verständlich schriftlich auszudrücken, ist für die Lernenden oft schwierig. Dinge, die beim Präsenzunterricht rasch geklärt werden könnten, erfordern langwierige Nachfragen. Das Telefon ist für solche Zwecke auch nur bedingt brauchbar. Viele Migrant*innen scheuen das Telefonieren, weil eine erweiterte Kommunikation etwa durch Gesten unmöglich ist. Das bedeutet für die Sprachhelfer*innen auch, dass sie sich zusätzlich einsetzen müssen, damit die Verbindungen kontinuierlich weiterlaufen.
Eine unserer Sprachhelfer*innen, Eva Z. schildert ihre Erfahrungen in diesem Jahr anschaulich. Bis auf eine kurze Zeit im Sommer, die allen eine kleine Atempause vom strengen Lockdown ermöglichte, mussten sie und ihre vier Schüler sich auf etwas einlassen, das keiner von Ihnen vorher kannte: das Distanzlernen per Videokonferenz, bei der man sich aber wenigstens sehen kann. Die Video-Konferenz ist zunächst einmal ein guter Ersatz für den Präsenzunterricht, eventuelle Hemmungen wie beim Telefonieren spielen keine besondere Rolle, und man trifft sich ja wie beim Präsenzunterricht zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort. So ist die Lernkontinuität besser gewährleistet als bei unstrukturierten Telefonanrufen. Aber, wie wir alle inzwischen gelernt haben, Video-Konferenzen haben ihre Tücken. Das größte Problem ist die technische Ausstattung von Lehrkraft und Schüler, Handy und Laptop müssen vorhanden, mit allen wichtigen Funktionen ausgestattet und einsatzfähig sein, die Internet – Verbindung muss funktionieren.
Die Schüler sollten in einem möglichst ruhigen Raum sitzen, Hintergrundstörungen wirken doppelt und dreifach. Leider besteht oft ein Großteil der Kommunikation aus Beschwerden über Bild- oder Tonqualität.
Und für die Lehrkräfte bedeutet es einen großen zusätzlichen Kraftaufwand, praktikable Didaktik- und Methodik-Handreichungen für den DAF – Online – Unterricht im Internet aufzuspüren.
Im Sommer konnten Eva und ihre Schüler*innen sich für eine Weile vom Video-Konferenz-Unterricht auf Evas Terrasse erholen und auch in Ruhe plaudern – mit Abstand und Hygienemaßnahmen. Das Wetter und dann der erneute Lockdown machten diese Alternative unmöglich. Inzwischen haben von den vier Schülern, mit denen sie um Pfingsten gestartet war, noch zwei ihre Hilfe nötig. Amir aus Afghanistan und Hiluf aus Äthiopien bereiten sich aktuell mit Evas Beistand auf ihre B1-Prüfungen vor, schreiben Texte und machen Übungen, die sie dann mit Eva mehrmals in der Woche online besprechen. Ein schwacher Ersatz für Präsenzunterricht, für den Schulbesuch und für Treffen mit Freunden im Verein und anderswo, aber das Einzige, was im Moment möglich ist. Zumindest durchbricht der Sprachunterricht für ein paar Stunden die Woche ihre Isolation und gibt ihnen die Hoffnung, trotz Corona mit ihrem Leben in Deutschland weiter zu kommen.
Eva Z. zieht eine insgesamt recht optimistische Bilanz:
„Ich freue mich, dass wir uns mit der für uns völlig neuen Form des Unterrichts per Video-Konferenz arrangiert haben und es inzwischen doch „ganz rund“ läuft. Natürlich warte ich darauf, dass wir uns endlich wieder direkt treffen können (auch in etwas größerer Runde), um in einer persönlichen Atmosphäre einen intensiveren Austausch zu erreichen.“